Das Nervensystem des Menschen
Unser Nervensystem, lateinisch Systema nervosum genannt, umfasst die Gesamtheit aller Nervenzellen oder Neuronen und Gliazellen im menschlichen Körper. Es ist für die Wahrnehmung von Reizen verantwortlich sowie für deren Verarbeitung und die entsprechenden Reaktionen. Damit steuert es das Verhalten, das der Mensch auf innere und äußere Reize zeigt.
Aufbau und Funktionsweisen des menschlichen Nervensystems
Das Nervensystem des Menschen ist ein sehr leistungsfähiges Aufnahme- und Steuerungssystem, das in mehrere Ebenen unterteilt wird. Über das zentrale Nervensystem erfolgen zwar die meisten Vorgänge zur Reizverarbeitung und die Reaktion darauf. Schnell erforderliche Reaktionen wie etwa Reflexe werden aber sozusagen auf dem kleinen Dienstweg erledigt. So kommt die Reaktion entsprechend schneller, als wenn sie im Gehirn noch bewusst durchdacht würde. Unbewusste Vorgänge, die unseren Körper am Leben erhalten, wie Atmung, Blutdruck oder Darmperistaltik werden auf verschiedenen Ebenen teils auch sehr organnah geregelt.
Unser Nervensystem besteht aus speziellen Zellen, den Nervenzellen oder Neuronen. Diese Zellen besitzen eine Eigenschaft, die die Reizleitung erst ermöglicht, die Fähigkeit zur Depolarisation. Sie können also elektrische Impulse weiterleiten. Eingehende Impulse bezeichnet man auch als afferent, ausgehende als efferent. Eine Nervenzelle kann dabei jeweils nur afferent oder efferent sein, aber niemals beide Funktionen gleichzeitig übernehmen.
Das Nervensystem des Menschen umfasst zwischen 30 und 40 Milliarden Nervenzellen. Die Verbindungen zwischen diesen Zellen werden Synapsen genannt. Da jede Zelle meist mehrere Synapsen besitzt, ist die Zahl dieser im Körper noch weit höher. Diese Leitungen bilden ein dichtes Netz zur Reizweitergabe bei Informationseingang und der anschließenden Reaktion.
Die Einteilung des Nervensystems
Der Aufbau des menschlichen Nervensystems lässt sich anhand von zwei Kriterien vornehmen:
- funktionell (somatisch vs. vegetativ)
- topographisch nach der Lage der Bestandteile (zentral vs. peripher)
Somatisches vs. vegetatives Nervensystem
Das somatische Nervensystem steuert die willkürlichen Bewegungen und die Reflexbewegungen der Skelettmuskulatur sowie die Wahrnehmung und Integration von Reizen aus der Umwelt. Es hilft dem Menschen so, sich mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen und auf sie zu reagieren.
Die Nervenzellen des somatischen Systems sind mit den Sinnesorganen, der Haut und den Skelettmuskeln verbunden. Willkürliche Bewegungen und Reflexbewegungen sowie eine Oberflächen- und Tiefensensibilität werden über zwei Arten von Nervenfasern ermöglicht: von den afferenten und die efferenten Fasern.
Afferente Fasern leiten dem Nervensystem Informationen zu. Sie sorgen also für den Input. Efferente Nerven senden elektrische Reize aus, um eine Reaktion zu bewirken. Sie sind also für den Output verantwortlich.
Zusammen mit dem vegetativen Teil bildet das somatische Nervensystem das periphere Nervensystem.
Das vegetative oder autonome Nervensystem
Das vegetative Nervensystem wird auch als autonomes Nervensystem bezeichnet. Das weist schon auf seine wesentliche Eigenschaft hin: Es ist nicht willkürlich steuerbar. Auch wenn es als Teil des peripheren Nervensystems angesehen wird, ist das autonome Nervensystem auch Teil des Zentralnervensystems, da vegetative Funktionen wie beispielsweise die Atmung im Gehirn sitzen. Neben der Atmung beeinflusst es die Verdauung, den Stoffwechsel und die Sinnesorgane.
Das vegetative Nervensystem besteht aus drei Komponenten:
- dem Sympathikus
- dem Parasysmpathikus
- dem enterischen Nervensystem
Das enterische Nervensystem ist ein komplexes Nervengeflecht, das fast den gesamten Magen-Darmtrakt durchzieht. Dieses „zweite Gehirn“ umfasst etwa genauso viele Nervenzellen wie das gesamte Rückenmark. Das macht es zu einer wichtigen Steuerzentrale, die unter anderem die Bewegung und Sekretion bzw. Stoffaufnahme der Verdauungsorgane regelt.
Das sympathische und das parasympathische Nervensystem stehen teilweise in einer antagonistischen Wechselbeziehung zueinander, was ihre Wirkung auf die Organe betrifft. Während der Sympathikus den Körper mobilisiert und so schnelle Reaktionen auf Reize aus der Umwelt ermöglicht, dämpft der Parasympathikus entsprechende Reaktionen. Für einige Körperfunktionen arbeiten beide Nervensysteme aber auch zusammen. Dies ist etwa bei der Funktion der Sexualorgane der Fall.
Analog zum somatischen Nervensystem haben auch die vegetativen Nerven zwei Formen. Die sogenannten viszerosensiblen Nervenfasern nehmen Reize auf und sorgen so für den Input an Informationen. Die Reaktion wird dann von den viszeromotorischen Nervenfasern eingeleitet, die die motorischen Reaktionen veranlassen und steuern.
Gehirn und Rückenmark – Das zentrale Nervensystem
Das Zentralnervensystem, kurz ZNS, ist ein Teilsystem des menschlichen Nervensystems. Es besteht aus dem Gehirn und dem Rückenmark und ist vom peripheren Nervensystem in seiner Funktion nicht scharf abzugrenzen, da beide ineinander greifen.
Das zentrale Nervensystem hat drei wesentliche Aufgaben:
- Integration aller Reize aus dem Körper selbst und aus seiner Umwelt
- Koordination der willkürlichen Motorik im gesamten Körper
- Regulation aller Abläufe in und zwischen den einzelnen Organen
Zudem ist das Gehirn der Sitz des bewussten und unbewussten Denkens und damit aller intellektueller Leistungen des Menschen. Der Mensch kann darüber hinaus durch Imagination von audiovisuellen Eindrücken körpereigene Reize produzieren, auf die das vegetative Nervensystem z.B. mit steigendem Blutdruck reagiert. Dazu gehören auch Tagträume und Träume in der Nacht.
Das Nervengewebe des zentralen Nervensystems wird in zwei Arten unterteilt:
- die graue Substanz, auch Substantia grisea
- die weiße Substanz, auch Substantia alba
Beide sind sowohl im Rückenmark wie auch im Gehirn enthalten. Währen die weiße Substanz im Gehirn jedoch innen liegt, befindet sie sich beim Rückenmark außen. Beide Substanzen unterscheiden sich aber nicht nur in ihrer Lage, sondern auch in ihrer Zusammensetzung. Die graue Substanz besteht vor allem aus den Zellkörpern der Nervenzellen. In der weißen Substanz herrschen die Zellfortsätze der Nervenzellen, die sogenannten Axone, vor. Sie besteht also aus den Leitungsbahnen zwischen den einzelnen Neuronen. Vereinzelte, kleine Ansammlungen von Nervenzellkörpern in der weißen Substanz werden Kerne oder Kerngebiete genannt.
Das periphere Nervensystem
Das periphere Nervensystem, kurz PNS, besteht aus dem somatischen und dem vegetativen Nervensystem sowie aus den 12 Hirnnervenpaaren und den 31 bzw. 32 Spinalnervenpaaren. Dieser Teil des menschlichen Nervensystems liegt außerhalb von Schädelknochen und Wirbelkanal. Er verbindet das Zentralnervensystem mit den Organen an der Perepherie und macht so eine Reizaufnahme, -weiterleitung und -beantwortung möglich.
Das ZNS und das PNS sind keine streng trennbaren Systeme, da sie organisch und funktionell ineinander greifen. So können die Nervenzellen motorischer Nerven im ZNS liegen, während sich ihre Axone ins PNS erstrecken. Bei den sensiblen Nerven, die Reize aufnehmen und weiterleiten, verhält es sich entsprechend umgekehrt.